Alger
In seiner neuesten Werkgruppe, die über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren entstanden ist, beschäftigt sich Stéphane Couturier in hoch ästhetischen und gleichzeitig gesellschaftlich-sozial ambitionierten Fotografien und Videos mit der Siedlung ‘Climat de France’ – heute ‘Oued Koriche’ – in Algier. In den 1950er Jahren nach Plänen des französischen Architekten Fernand Pouillon im Stil der internationalen Moderne errichtetet, ist das ambitionierte Bauprojekt das Zentrum des Stadtviertels Bab-El-Oued. Heute ist die Siedlung eine Stadt in der Stadt, die von der Politik vergessen und von der Polizei gemieden wird. Nachdem Stéphane Couturier in der Vergangenheit den Fokus seines Schaffens auf die formalen Eigenheiten der Architektur der Moderne gelegt hat, setzt er sich in seinen neuesten Werken intensiv auch mit den Menschen auseinander, welche die am Reissbrett geplanten Architekturen mit Leben erfüllen und dabei die idealen Bauwerke ihren Vorstellungen und Bedürfnissen anpassen. Die strengen Formen und regelmässigen Strukturen der Gebäude treffen auf das zufällig Entstandene, auf das Alltägliche, auf das Leben. Die Fotografien und Videos von Stéphane Couturier beziehen ihre Kraft und ihre Lebendigkeit aus eben dieser Spannung: aus dem Zusammentreffen von gebautem Ideal und gelebter Wirklichkeit. Stéphane Couturiers Werke aus Algier erhalten zusätzlich zu ihrer ästhetischen Qualität eine beinahe tagespolitisch aktuelle Komponente. Auf subtile Weise thematisieren die Werke die Folgen des Kolonialismus in Nordafrika und damit auch eine der Wurzeln der aktuellen weltpolitischen und es gesellschaftlichen Entwicklungen speziell in dieser Region, die bis heute zu spüren sind.