Die Christophe Guye Galerie freut sich sehr, die zweite Einzelausstellung von Brigitte Lustenberger in der Galerie anzukündigen. Die Ausstellung zeigt neue Werke aus zwei verschiedenen Serien – ‘A Gaze of One's Own’ und ‘An Apparition of Memory’, welche in unterschiedlichen Medien sowie Darstellungsformen präsentiert werden, unter anderem als Farb- und Schwarz-Weiss-Fotografien, Skulpturen und Installationen.


Brigitte Lustenbergers Arbeiten kreisen seit jeher um Themen wie Erinnerung, Tod und Vergänglichkeit, die Schönheit des Verschwindens und des Verfalls: universelle Themen, die tief in die Erfahrung der menschlichen Existenz eingebettet sind. Sie stellt sie dar und vermittelt sie durch eine komplexe und einzigartige visuelle Sprache, die hauptsächlich, aber nicht ausschliesslich auf dem fotografischen Bild basiert.


Während viele ihrer bisherigen Serien Elemente aus ihrem persönlichen Leben enthalten, ist ‘A Gaze of One's Own’, betitelt in Anlehnung an Virginia Woolfs Essay 'A Room of One's Own', ihr erstes Projekt, das explizit auf ihrer eigenen Erfahrung beruht und in dem sie als Künstlerin ihren Blick auf ihre eigene Intimität und ihren Körper richtet. Dieses Projekt beschäftigt sich mit Fragen der künstlerischen und kulturellen Repräsentation des weiblichen Körpers und der Rückgewinnung des Blicks vor dem Hintergrund ihres eigenen alternden und sich verändernden Körpers.


Ihre Arbeit ist immer von ihrem umfangreichen Wissen - oder vielmehr ihrer bemerkenswerten Assimilation - über die Geschichte der Fotografie geprägt. Obwohl es nicht möglich ist, einen einzelnen bahnbrechenden Einfluss in ihrem Werk auszumachen, verweisen ihre Bilder mühelos auf Arbeiten von Man Ray, Balthasar Burkhard, Edward Weston oder Francesca Woodman, um nur einige zu nennen. ‘A Gaze of One's Own’ ist dennoch entschieden zeitgenössisch in seinem Ansatz. Es behält eine performative Dimension bei, die für bedeutende feministische künstlerische Praktiken seit den 1970er Jahren charakteristisch war, und ist gleichermassen mit der Performance der Selbstdarstellung verbunden, die durch die sozialen Medien im letzten Jahrzehnt geprägt wurde, die den Bereich der Selbstdarstellung mit unzähligen Werkzeugen - und den dazugehörigen Normen - zur Bearbeitung und Umgestaltung von Körpern und Merkmalen erweitert haben.


Ihr Projekt reflektiert und spiegelt die Intensität der Beziehung zum eigenen Körper im 21. Jahrhundert wider, das Bedürfnis, ihn zu betrachten und sich ein eigenes Bild zu machen. Es konfrontiert und kombiniert Imperative, die in dieser besonderen Zeit manchmal widersprüchlich sind: den Blick zurückzufordern und gleichzeitig eine Form der Selbstrepräsentation anzubieten. Vor fast über einem Jahrhundert plädierte Woolf für einen buchstäblichen und figurativen Raum für Schriftstellerinnen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts lässt sich Lustenberger auf einen ähnlichen Prozess der Emanzipation ihres eigenen Blicks ein. Dieser ist geprägt von den jahrhundertelangen, vorwiegend männlichen Darstellungen des nackten weiblichen Körpers, aber auch davon befreit: 'Ich fotografiere mich selbst, weil ich mich nicht objektivieren kann.'


Die Vergänglichkeit des weiblichen Körpers, und insbesondere ihres eigenen, ist ein weiteres zentrales Element dieser Arbeit, das einen unerwarteten Freiraum gebracht hat. Da sich die Kunstgeschichte in erster Linie auf die Darstellung junger und konventionell schöner Körper konzentriert hat, ist der eigene Körper mittleren Alters der Künstlerin weniger durch das Gewicht tausender bereits existierender Darstellungen belastet.


‘A Gaze of One's Own’ spricht somit wichtige Themen an, die mit Sichtbarkeit, Repräsentation und dem Blick verbunden sind, und tut dies mit einer mutigen Verletzlichkeit, sowohl in Bezug auf die Offenlegung der eigenen Intimität und der persönlichen Beziehung zum eigenen Körper als auch in Bezug auf die Annahme eines performativen und prozessbasierten Projekts.


Parallel zu dieser Arbeit zeigt die Ausstellung Bilder aus einer zweiten Serie: ‘An Apparition of Memory’. Diese zarten Bilder von halb verfallenen und halb konservierten Blumen, die unter einem Mantel aus Kalk und Salz gefangen sind, spiegeln die Themen von ‘A Gaze of One's Own’ wider. Ihre Verletzlichkeit und die offensichtliche Vergänglichkeit ihrer Existenz rufen ähnliche Phänomene hervor, die in dem auf den nebenstehenden Fotografien sichtbaren Körper eine Rolle spielen. Vor allem aber zeigen sie die inhärente Schönheit, die die Künstlerin im Verwelken und Verfall findet, in der Zerbrechlichkeit des Lebens, die sie in ihrer fotografischen Arbeit oft zelebriert und hervorhebt.'

– (aus dem Englischen übersetzt) Danaé Panchaud, Direktorin/Kuratorin Photoforum Pasquart