Die Christophe Guye Galerie freut sich sehr, die zweite Einzelausstellung von Stéphane Couturier in der Galerie anzukündigen. Die Ausstellung zeigt Werke aus drei verschiedenen Serien - 'Alger', 'Sète' und 'Les Nouveaux Constructeurs' – die alle eine gewisse Verschachtelung/Verwobenheit aufweisen, die es dem Blick erlaubt, umherzuschweifen und sich darin zu verlieren. Das fotografische Werk von Stéphane Couturier verbindet einen dokumentarischen Ansatz mit einer komplexen Behandlung der Komposition. Einerseits komponiert er Bilder, indem er sie auf neue Weise zusammenfügt. Andererseits überlagert er zwei oder mehrere Bilder und vereint somit verschiedene Schichten der Realität, wodurch Kompositionen entstehen, die neue räumliche Ebenen eröffnen. Stéphane Couturier hinterfragt damit die vermeintlich objektive Natur des fotografischen Mediums: Das Bild wird zum Material. Aus diesem Material wird eine Maschine zur Konstruktion von Formkombinationen geboren, die die aufgezeichnete Realität ständig aktualisiert.


Stéphane Couturier wurde 1957 in Neuilly sur Seine geboren und lebt und arbeitet heute in Paris. Couturier begann seine Karriere als Kunstfotograf in seiner Heimatstadt Paris in den frühen 1990er Jahren und hat seitdem ein bedeutendes Oeuvre geschaffen. Man könnte ihn als ‚Plastifizierer‘ bezeichnen, d.h., er erstellt keine Reportagen, sondern benutzt seine in der Stadt aufgenommenen Bilder als Rohmaterial, das er am Computer bearbeitet und modelliert. Der Künstler macht die Stadt jedoch nicht zur Abstraktion. Im Gegenteil, Stéphane Couturier vergegenwärtigt sie, enthüllt ihre Seele, ihre Vergangenheit, ihr verborgenes Gesicht. Die ins Spiel gebrachten technischen und visuellen Protokolle gehorchen einer bildsprachlichen und bewussten konzeptuellen Ausrichtung — den dokumentarischen Aspekt der Fotografie umzuleiten und ihre narrative Dimension zu verschieben und zu transzendieren.


‚Dieses umfangreiche Verfahren der Bildumwandlung hängt von der Konsequenz der dokumentarischen Herangehensweise ab, der rigoros präzisen Aufnahme. Ob auf analogem Film oder neuerdings auch digital, jede Aufnahme wird mit einer Grossformatkamera aufgenommen, einem Schlüsselelement der Architekturfotografie, das Flexibilität in der Schärfentiefe erlaubt und es ermöglicht, die inhärenten Verzerrungen des Motivs vor Ort zu korrigieren. Couturier lehnt jede künstliche Dramatisierung dieser Aufnahmen ab, wie beispielsweise Unschärfe, Gegenlicht oder Schrägen, welche allesamt nicht nur den Realitätseffekt unwiderruflich negieren würden, sondern auch die Tatsache voreilig ablehnen würden, dass die Aufnahme ihrem Wesen nach lediglich ein zweidimensionaler Ausschnitt der erlebten Realität sowie ein kompromissloses visuelles, räumliches und zeitliches Feld ist. Nachdem diese Realitätsfragmente isoliert worden sind, arrangiert Couturier sie neu zu einer autonomen visuellen Einheit, die aber offensichtlich vollständig aus der Realität heraus geflochten ist.


Von einer Serie zur anderen werden die Bilder, obwohl sie scheinbar von einem quadratischen Gitter untermauert werden, in Wirklichkeit durch Verschachtelungen definiert. Unsere kognitiven Funktionen haben jedoch kein Problem damit, dies zu bewältigen. Tatsächlich spiegelt die Verschachtelung die Komplexität unseres Wahrnehmungspuzzles wider. Im Laufe der letzten drei Jahrzehnte ist der Ausdruck ‚fotografisches Tableau‘ so vertraut geworden wie sein Korollarium, die Vorstellung, dass die Fotografie die Malerei abgelöst hat. Im Fall von Stéphane Couturier ist es immer das Zusammenspiel, das sich durchsetzt, die Dynamik zwischen Realität und Künstlichkeit, Darstellung und Abstraktion, ohne jemals die ontologische Besonderheit des Mediums Fotografie zu widerlegen.’ – übersetzter Auszug aus ‘Deconstruction site’ von Matthieu Poirier


Couturier hat seine Werke an zahlreichen Orten in Frankreich und Europa sowie in den USA gezeigt. Seine Arbeiten wurden 2001 an den Rencontres Internationales de la Photographie in Arles, Frankreich präsentiert, an der University Art Gallery in San Diego in 2003, im International Centre of Photography in New York in 2006, im Centre Georges Pompidou in 2008, im Museum of Fine Arts in Boston in 2011, in der Maison Européenne de la Photographie in Paris in 2015, dem Musée Niepce in Chalon/Saone in 2016 und dem Musée National Fernand Léger in 2018/2019 und er erhielt 2004 eine Retrospektive seines Werkes in der Bibliothèque Nationale de France in Paris und 2010 eine weitere in der Blickle-Stiftung in Deutschland sowie im darauf folgenden Jahr im Landesmuseum Linz, Österreich. Couturiers Fotografien befinden sich in über 50 bedeutenden Museums- und Unternehmenssammlungen auf der ganzen Welt, darunter das Musée de l'Elysée, das Centre Georges Pompidou, das Los Angeles County Museum, das Art Institute of Chicago, die National Gallery of Canada oder das Grand-Duc Jean Museum in Luxemburg. Darüber hinaus wurde Couturier 2003 mit dem Nicephore Niepce-Preis, 1999 mit dem Ville de Paris-Stipendium und 1998 mit dem Prix Paris-Photo ausgezeichnet, um nur einige zu nennen.